Leon Mansouri

 



Häufig besuchte ich als kleiner Junge die Museen in meiner Heimatstadt Karthago und wusste schon damals, dass ich Künstler werden möchte. Die weiße Linie vor den Gemälden, die den Sicherheitsabstand markiert, störte mich allerdings. Ich machte ein Spiel daraus, sie zu überschreiten: ich wollte die Bilder aus der Nähe sehen, ihre vielschichtige Textur erkennen und ihren Entstehungsprozess nachvollziehen. Im Nachhinein erkenne ich die Symbolik in meinem kindlichen Wunsch. Ich bin in einer gewaltvollen Diktatur aufgewachsen, welche die Möglichkeiten des Handelns, des Sprechens, Denkens und Fühlens einschränkte. Die Kunst eröffnete mir einen Raum der kritischen Auseinandersetzung und des freien Gestaltens. Im Museum führte mein Überschreiten des Sicherheitsabstandes zu Auseinandersetzungen mit den Aufsichtspersonen, außerhalb des Museums führte mein Wunsch nach Freiheit zu Auseinandersetzungen mit Lehrern und der Polizei und letztlich zu der Notwendigkeit meine Heimat zu verlassen. In der kunst äußert sich dieses Bestreben der Überwindung von Grenzen in meinem Bemühen so wenig wie möglich Striche und Linien zu verwenden um die Dinge in ihrer Quintessenz sprechen zu lassen. Inspiriert wurde ich dazu auch durch die Tattoos der BerberInnen, die häufig nur aus sehr wenigen Strichen und Linien bestehen, aber eine sehr deutliche Botschaft sprechen: eine Botschaft des Widerstands und der Hoffnung. 





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